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Unabhängigkeit, Neutralität und Allparteilichkeit in der Mediation

Liebe Leserinnen und Leser,

auch wenn die Mediation als Methode der außergerichtlichen Streitbeilegung noch nicht so bekannt ist, wie es nach meiner Meinung eigentlich sein sollte, ist sie an verschiedene gesetzliche Regelungen geknüpft. In diesem Zusammenhang werden häufig die Grundlagen der Mediation genannt, die eigentlich ein Anforderungsdreieck an Mediatoren beschreiben. Mit „Unabhängigkeit, Neutralität und Allparteilichkeit“ definiert das Mediationsgesetz diese Anforderungen für Laien vermutlich etwas undurchsichtig.

 

Wann ist ein Mediator unabhängig?

Unabhängig ist ein Mediator, wenn er nicht von Bindungen unterschiedlicher Art in seinem Wirken beeinträchtigt wird. Er darf also keine freundschaftlichen, verwandtschaftlichen, wirtschaftlichen oder beruflichen Beziehungen zu den Medianden unterhalten haben oder noch pflegen. Der Mediator muss in der Lage sein, völlig frei und unvoreingenommen an den Konflikt zwischen den Medianden herangehen zu können, ohne irgendeiner Weisung zu unterliegen. Es muss sich jeglichen Einflüssen entziehen, die seine Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten. Auch wenn es schwer fällt muss ein unabhängiger Mediator dann Grenzen ziehen, wenn seine Unabhängigkeit gefährdet wird.
Freunde und Verwandte werden von einem unabhängigen Mediator also nicht „behandelt“. Eine wirtschaftliche oder berufliche Abhängigkeit liegt dann vor, wenn der Mediator über die betreffende Mediation hinaus mit einem Mediand in geschäftlichen Beziehungen steht, was also auch die Unabhängigkeit in Mitleidenschaft ziehen würde. Wenn es sich jedoch um einen „Stamm-Mediator“ eines Unternehmens handelt, bedeutet dies nicht automatisch, dass weitere Mediationen ausgeschlossen werden. Interne Mediatoren bewahren ihre Unabhängigkeit in diesen Fällen durch eine klare Rollenklärung, die vor der Mediation erörtert werden muss.
Mediatoren sind zur Offenlegung aller Umstände verpflichtet, die eine Unabhängigkeit beeinflussen könnten. Wird die Vertrauensstellung des Mediators angezweifelt, wird dies als gesetzliche Orientierungshilfe wie bei einem Befangenheitsantrag gegen einen Richter betrachtet. Dann kommt es für die Durchführung der Mediation darauf an, ob aus Sicht der Medianden bei vernünftiger Würdigung sämtlicher Umstände wirklich ein Anlass gegeben ist, an der Unabhängigkeit des Mediators zu zweifeln. Bleiben die Zweifel bestehen, muss ein anderer Mediator beauftragt werden. Können die Zweifel ausgeräumt werden, steht der Mediation nichts mehr im Wege.

 

Wann ist ein Mediator neutral?

Der Mediator ist ein unparteilicher Verhandlungsleiter, was schon durch die Anforderung an seine Unabhängigkeit zum Ausdruck gebracht wird. Über das Fehlen von irgendwelchen Abhängigkeiten hinaus erfordert Neutralität eine innere Einstellung, das Mediationsverfahren unparteiisch und für alle Beteiligten gleichermaßen gerecht zu führen. Fest verankert ist hier ein Gleichbehandlungsgrundsatz, der sich wie ein roter Faden auch durch das gesamte Mediationsverfahren zieht.
Während die Frage nach der Unabhängigkeit insbesondere zu Beginn einer Mediation von Interesse ist, zeigt sich die Neutralität des Mediators mehr im Laufe des Verfahrens. Der neutrale Mediator lässt während der gesamten Mediation weder die eigenen Interessen, noch die Interessen der Medianden in den Vordergrund rücken. Die jeweils vorgetragenen Interessen und Bedürfnisse werden von ihm nicht unterschiedlich gewichtet. Kein Mediand wird bevorzugt oder vernachlässigt. Dass der Mediator neutral agiert, zeigt sich auch in seinem Verhalten: Es kommt während der Mediation zu keinerlei Spannungen oder gefühlsmäßigen Emotionen zwischen ihm und den Medianden, da er sich weder von einem Mediand abwendet oder mit einem anderen solidarisiert. Ganz im Gegenteil führt der Mediator das Mediationsverfahren ohne einseitige Einflussnahme auf den Mediationsablauf und das Mediationsergebnis. Er leitet so durch das Verfahren, dass die Interessen „aller Parteien“ gleichermaßen Beachtung finden, was uns zur nächsten Stelle im Anforderungsdreieck führt, nämlich der Allparteilichkeit.

 

Was bedeutet überhaupt Allparteilichkeit?

Ein Rechtsanwalt vertritt nur seine Mandanten und ein Richter ist an gültige Gesetze gebunden, um eine Entscheidung zu treffen. Ein Mediator „vertritt“ niemanden und „entscheidet“ auch nicht, sondern hilft dabei, das Zusammenspiel zweier Parteien in Richtung Kooperationsbereitschaft zu lenken und dabei Feindbilder zu überwinden. Allparteilichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Mediator allen Beteiligten die gleiche Empathie, den gleichen Respekt und die gleiche Anteilnahme entgegenbringt. Er versucht, seine Medianden so zu fordern und zu fördern, dass sie einen gemeinsamen Weg zum Ziel, nämlich der Konfliktlösung, finden.
Allparteilich zu sein ist in der Mediationspraxis nicht immer einfach: Jedem Medianden soll ausreichend Zeit eingeräumt werden, die er zur Schilderung seiner Anliegen benötigt. Hier ist der Mediator gefragt, der die individuellen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften seiner Medianden einschätzen und danach agieren muss, um alle gerecht zu behandeln. Hat er es zum Beispiel mit einem Machtgefälle zwischen den Medianden zu tun, muss er ausgleichend eingreifen. Für den kommunikationsschwächeren Medianden übernimmt er dann kurzfristig eine Sprachrohr-Funktion, damit ein Gleichgewicht zwischen den Medianden wieder hergestellt werden kann.
Die Allparteilichkeit des Mediators zeigt sich in seiner Haltung, die von einem positiven Selbstbild, Menschenbild und Weltbild geprägt ist. Durch sein Verhalten, das kommunikative Interventionen, aktives Zuhören, unterschiedliche Fragetechniken, Paraphrasieren und weitere Vermittlungstechniken umfasst, zeigt er diese allparteiliche Einstellung auch in jeder einzelnen Mediationsphase.
Häufig wird bei der Allparteilichkeit auch von Unparteilichkeit gesprochen, was so nicht ganz richtig ist. Unparteiische distanzieren sich mental von den Parteien, wie es beispielsweise Schiedsrichter auf dem Fußballplatz tun und sich dabei auf die einzuhaltenden Regeln fokussieren. Allparteiliche Mediatoren sind hingegen fern von emotionaler Distanz beiden Parteien gleichermaßen zugewandt.

Letztendlich ist das Anforderungsdreieck des Mediators Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Mediation, von der alle Beteiligten auch in ferner Zukunft noch profitieren.

 

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