Bei der Klärungshilfe handelt es sich um eine eigenständige Mediationsmethode, die sich mit der Klärung von Fakten und Emotionen beschäftigt, um tragfähige Konfliktlösungen zu finden. Sehr häufig wird die Klärungshilfe bei innerbetrieblichen Konflikten angewendet.
Konfliktsituationen können wegen der häufig damit verbundenen Unklarheit belasten und starke, negative Emotionen hervorrufen. Bei vielen Konflikten sind zusätzlich widerstreitende Interessen mit diversen Themen verwoben, weshalb die Klärungshilfe hier den Anspruch hat, „Klarheit“ und „Wahrheit“ hinein zu bringen.
Die Klärungshilfe hat das Ziel, zu klären, was gerade in den Konfliktbeteiligten vorgeht, wie es mit der Kommunikation zwischen den Parteien aussieht und wie sie gemeinsam ein System bilden. Der Klärungshelfer bietet Unterstützung bei diesem Procedere unter Einbeziehung von Emotionen wie Rache, Verzweiflung, Wut auch dann, wenn schwere Vorwürfe ganz klar zur Sprache gebracht werden. Bei der Klärungshilfe gilt das Prinzip „Verständnis für die Vergangenheit – Klärung der Gegenwart – Planung der Zukunft“. Für diese Form der Konfliktklärung führt der Klärungshelfer einen abgesicherten sowie vertrauensvollen Rahmen herbei und leitet die Konfliktbeteiligten an.
Entstehung der Klärungshilfe
Ihren Ursprung hat die Klärungshilfe in einer Zusammenarbeit an der Universität Hamburg, an der Christoph Thomann, Friedemann Schulz von Thun und eine Forschungsgruppe teilgenommen haben. Friedemann Schulz von Thun betrachtete im Rahmen seiner psychologischen Theorien die Arbeit von Christoph Thomann, der vor therapeutischem Hintergrund mit Paaren arbeitete. Gemeinsam haben beide dann ihr erarbeitetes Vorgehen auf andere Kontexte erweitert und detailliert erforscht. Ab 1988 veröffentlichten Thomann und Schulz von Thun verschiedene Bücher und Dissertationen zur Klärungshilfe, die systematisch auf der humanistischen Psychologie und Kommunikationspsychologie, der Gestalttherapie und dem allgemeinen Menschenbild beruht.
Methoden des Klärungshelfers
Häufig nutzt der Klärungshelfer bei der Klärung die Methode des Doppelns. Er befindet sich neben einer Partei und spricht zur Probe genau das aus, was er verstanden hat, aber noch nicht deutlich genug gesagt worden ist. Hierdurch erhalten alle anderen Konfliktbeteiligten die Möglichkeit, sich besser zu verstehen und in angemessener Weise reagieren zu können. Durch diese Klärungsmethode wird die Voraussetzung erschaffen, bis zum Ende der Klärungshilfe zu Vereinbarungen für die Zukunft zu gelangen.
Ablauf einer Klärungshilfe
Bei der Klärungshilfe wird häufig von Wegen durch „Schlangengruben“ oder über „Brücken“ gesprochen, die einen reißenden Fluss überwinden. Dies geschieht, um darauf hinzuweisen, dass erst ein emotional unangenehmer Weg zur Wahrheit und damit zur Konfliktlösung führen kann. Um dies zu erreichen, läuft die Klärungshilfe nach folgendem Schema ab:
- Klärungsauftrag
Eine Konfliktpartei oder Vorgesetzte, Geschäftsführer und Manager informieren den Konflikthelfer über den Konflikt. Erörtert wird die aktuelle Situation, die Motivation für die Klärungshilfe sowie die Organisation dieser Mediationsmethode. - Klärungsanfang
In der Anfangsphase treffen die Konfliktparteien erstmals gemeinsam auf den Klärungshelfer, was ihnen die Gelegenheit gibt, sich kennenzulernen. Der Ablauf der Klärungshilfe wird vom Klärungshelfer erläutert, potenzielle Hindernisse werden beseitigt und die Bedingungen geklärt. - Selbsterklärung
Als Einstieg in die Klärungshilfe schildert jeder Konfliktbeteiligte in Anwesenheit der anderen seine Sicht auf die Dinge. Hierbei können auch visuelle Medien genutzt werden. Das Ziel der Selbstklärung ist, dass die zu erörternden Themen identifiziert werden und Verständnis füreinander herbeigeführt werden kann. - Dialoge
Die Dialoge bilden das Zentrum der Klärungshilfe. Durch die Hilfe des Klärungshelfers werden die Konfliktparteien in einen Dialog geführt, ohne dass es zur Eskalation oder zum Abbruch führt.Für die Dialogphase gelten keine Gesprächsregeln. Hier setzt der Klärungsmediator ganz bewusst auf Moderation, aktives Zuhören, Zusammenfassen der Dialoge und das bereits erklärte Doppeln. - Erklärungen und Lösungen
Im Idealfall haben sich nach der Dialogphase die Emotionen beruhigt und die Konfliktparteien betrachten sich nicht mehr als Feinde. Schließlich kennt jeder dank des Dialogs seinen eigenen Anteil am Konflikt und kann sich mit der anderen Partei solidarisch verhalten. Aber auch, wenn noch keine friedliche Stimmung herrscht, kann der Klärungshelfer die Parteien in der Erklärungsphase dazu bringen, Lösungen zu vereinbaren, die der Situation und Sache gerecht werden. Zu diesem Zweck bietet der Mediator aus seiner neutralen Sicht heraus eine Konflikterklärung an, die die Ursachen des Konflikts ohne Schuldzuweisungen beschreibt und von allen Beteiligten als zustimmungswürdig erachtet wird. So schafft er eine Distanz, die auf alle Parteien beruhigend wirkt und rationales Denken wieder ermöglicht. Nach dieser Erklärungsphase wird nach alltagstauglichen und tragfähigen Konfliktlösungen gesucht. - Abschluss der Klärungshilfe
Zum Abschluss der Klärungshilfe erhalten die Konfliktparteien Gelegenheit, potenzielle Kritik an der Gesprächsführung zu üben. Des Weiteren wird erörtert, wie es mit den Konfliktparteien weiter geht. - Nachsorge des Klärungshelfers
Die Nachsorgephase unterliegt keinem zeitlichen Rahmen und keinen festgelegten Anforderungen. Häufig werden Coachings oder Klärungssitzungen mit Geschäftsführung oder Management vereinbart. Es kann auch sein, dass sich der Klärungshelfer nach Ablauf von zwei bis drei Monaten bei den Konfliktparteien telefonisch erkundigt, ob alle Vereinbarungen eingehalten werden.
Unterschiede zwischen Mediation und Klärungshilfe
Die Klärungshilfe ist eine eigenständige Methode der Mediation, die sich in mehreren Punkten von der klassischen Mediation unterscheidet:
- Keine Vorgespräche
Bis auf die Beauftragung des Klärungshelfers werden im Vorfeld der Klärungshilfe keinerlei Einzelgespräche mit den Beteiligten geführt. So ist gewährleistet, dass die spätere Schilderung der Situation von allen völlig unvoreingenommen wahrgenommen wird. So wird eine freie Perspektiverklärung und letztendlich auch die Konfliktlösung begünstigt. Ausnahmen gelten nur insofern, dass beispielsweise Geschäftsführer oder Manager Vorgespräche mit dem Klärungshelfer führen, um Konflikte zwischen Mitarbeitern zu lösen. Derartige Vorgespräche sind im Rahmen der innerbetrieblichen Konfliktlösung erforderlich, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu gewährleisten, die auch in schwierigen Kommunikationsphasen stabil bleibt. - Emotionen
Eine besondere Bedeutung haben bei der Klärungshilfe schwierige Emotionen wie Hilflosigkeit, Wut, Hass oder Ärger, die zu Handlungen oder Haltungen wie Ignoranz, Kälte, Unversöhnlichkeit und Geringschätzung führen. Diese Emotionen werden bei der Klärungshilfe nicht ignoriert, bestraft oder reglementiert, sondern ganz klar thematisiert, damit gegenseitiges Verständnis zur Deeskalation herbeigeführt werden kann. - Keine Gesprächsregeln
Damit gezielt mit den Emotionen der Konfliktparteien gearbeitet werden kann, gelten bei der Klärungshilfe keine Gesprächsregeln. - Nicht immer freiwillig
Die Klärungshilfe wird oft für innerbetriebliche Konflikte eingesetzt und ist aus diesem Grund nicht an die für die Mediation typische freiwillige Teilnahme gebunden. Damit Geschäftsführung oder Management ihren Fürsorgepflichten nachkommen können, müssen sie in der Lage sein, klärende Gespräche zu führen. Es reicht daher aus, dass die oberste involvierte Führungsebene eine Klärungshilfe mit Moderation durch den Klärungshelfer wünscht und anordnet. Die Mitarbeiter müssen sich dann der Klärungshilfe stellen. Der Klärungshelfer respektiert und thematisiert dabei natürlich auch Emotionen wie Unwille, die vor diesem Hintergrund nachvollziehbar erscheinen.
Worin sich Mediation und Klärungshilfe jedoch nicht unterscheiden ist die Allparteilichkeit und Neutralität des Klärungshelfers sowie dessen professionelle Verantwortung für die Moderation und Kommunikation.
Voraussetzungen für die Klärungshilfe
Eine allgemeine Empfehlung, bei welchen Konflikten welcher Mediationsstil angewendet werden sollte, kann nicht pauschal ausgesprochen werden. Allerdings gibt es einige Hinweise, die eher für die Klärungshilfe sprechen:
- Die Konfliktparteien werden auch nach der Klärungshilfe in Kontakt stehen.
- Die Klärung ihrer emotionalen Beziehungen ist für die Konfliktparteien im Gegensatz zu den Sachkonflikten von Vorrang.
- Die Konfliktparteien sind stark von der Vergangenheit beeinflusst worden.
- Die Konfliktsituation besitzt ein Höchstmaß an Eskalationspotenzial.
- Es steht ausreichend Zeit zur Verfügung, um durch mehrere Gespräche in der Klärungshilfe den Konflikt zu lösen.