Glossar Mediation

Selektive Wahrnehmung

Begriff Definition
Selektive Wahrnehmung

Selektive Wahrnehmung bezieht sich auf die menschliche Fähigkeit, Informationen aus der Umwelt auszuwählen und zu verarbeiten, die für uns relevant und wichtig erscheinen. Es ist ein natürlicher Prozess, der uns dabei hilft, die große Menge an Reizen, die täglich auf uns einströmen, zu filtern und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. In diesem Sinne ist selektive Wahrnehmung ein wichtiger Mechanismus, der uns hilft, unsere Aufmerksamkeit zu lenken und uns auf das zu fokussieren, was für uns von Bedeutung ist.

Funktion der Selektiven Wahrnehmung
Die Selektive Wahrnehmung ist ein wichtiger Bestandteil unserer kognitiven Fähigkeiten und spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Informationen. Sie ermöglicht es uns, uns auf bestimmte Reize zu konzentrieren und andere zu ignorieren. Ohne diese Fähigkeit wären wir überwältigt von den unzähligen Eindrücken, die auf uns einwirken.
Die Selektive Wahrnehmung funktioniert, indem sie unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Reize lenkt, die für uns von Bedeutung sind. Dies kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, wie zum Beispiel unsere persönlichen Interessen, Erfahrungen, Erwartungen und Emotionen. Diese Faktoren bestimmen, welche Informationen für uns relevant sind und welche nicht.

Beispiele für Selektive Wahrnehmung

  1. Ein gutes Beispiel für Selektive Wahrnehmung ist die sogenannte Bestätigungsfehler.
    Dieser tritt auf, wenn wir dazu neigen, Informationen auszuwählen und zu interpretieren, die unsere bereits bestehenden Überzeugungen und Meinungen bestätigen. Wir ignorieren dabei oft Informationen, die unseren Ansichten widersprechen. Ein Beispiel dafür wäre, wenn wir eine politische Meinung haben und nur Nachrichten oder Informationen konsumieren, die unsere Meinung unterstützen, während wir andere Meinungen ignorieren.
  2. Ein weiteres Beispiel für Selektive Wahrnehmung ist die sogenannte Primacy- und Recency-Effekt.
    Diese besagt, dass wir uns besser an Informationen erinnern, die am Anfang oder am Ende einer Liste von Reizen stehen, als an Informationen dazwischen. Dies kann zum Beispiel bei einer Präsentation der Fall sein, bei der wir uns nur an den Anfang und das Ende erinnern, aber nicht an die Details in der Mitte.
  3. Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Halo-Effekt.
    Dieser tritt auf, wenn wir eine allgemeine positive oder negative Meinung über eine Person oder Sache haben und diese Meinung auf alle Aspekte dieser Person oder Sache übertragen. Zum Beispiel können wir eine Person, die wir attraktiv finden, als intelligent, freundlich und talentiert wahrnehmen, auch wenn wir keine konkreten Beweise dafür haben.

Auswirkungen der Selektiven Wahrnehmung
Obwohl die Selektive Wahrnehmung uns dabei hilft, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, kann sie auch zu Verzerrungen und Fehlern in der Wahrnehmung führen. Wenn wir uns nur auf bestimmte Informationen fokussieren, können wir wichtige Details übersehen oder falsche Schlüsse ziehen. Dies kann zu Missverständnissen, Konflikten und Vorurteilen führen.
Darüber hinaus kann die Selektive Wahrnehmung auch dazu führen, dass wir uns in unserer eigenen Meinung und Sichtweise verfestigen und nicht offen für andere Perspektiven sind. Dies kann unsere Fähigkeit beeinträchtigen, neue Informationen aufzunehmen und zu lernen.

Selektive Wahrnehmung in der Mediation
In der Mediation, also der außergerichtlichen Konfliktlösung, spielt die selektive Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Konfliktparteien haben oft unterschiedliche Wahrnehmungen und Sichtweisen auf einen Konflikt, die durch ihre selektive Wahrnehmung geprägt sind. Dies kann dazu führen, dass sie sich in ihren Standpunkten verhärten und Schwierigkeiten haben, die Perspektive des anderen nachzuvollziehen.

Auswirkungen auf die Mediation
Die selektive Wahrnehmung kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Mediation haben. Einerseits kann sie dazu führen, dass Konfliktparteien sich auf bestimmte Aspekte des Konflikts konzentrieren und dadurch schneller zu einer Lösung gelangen. Andererseits kann sie aber auch dazu führen, dass Konfliktparteien sich in ihren Standpunkten verhärten und Schwierigkeiten haben, die Sichtweise des anderen zu verstehen.

Umgang mit selektiver Wahrnehmung in der Mediation
Um die Auswirkungen der selektiven Wahrnehmung auf die Mediation zu minimieren, ist es wichtig, dass die Mediatorin oder der Mediator sich dieser Problematik bewusst ist und entsprechend handelt. Dazu gehört zum einen, dass sie oder er die verschiedenen Wahrnehmungen und Sichtweisen der Konfliktparteien anerkennt und respektiert. Zum anderen ist es wichtig, dass die Mediatorin oder der Mediator Techniken einsetzt, um die Konfliktparteien dazu zu bringen, ihre selektive Wahrnehmung zu überwinden und sich auf die Perspektive des anderen einzulassen.

Zusammenfassung
Selektive Wahrnehmung ist die Fähigkeit, aus einer Flut von Umweltreizen relevante Informationen herauszufiltern und sich darauf zu konzentrieren. Diese Fähigkeit ist für unsere kognitive Verarbeitung entscheidend, da wir sonst von Eindrücken überwältigt würden. Faktoren wie Interessen, Erfahrungen und Emotionen beeinflussen, welche Reize wir wahrnehmen. Selektive Wahrnehmung kann jedoch auch zu Bestätigungsfehlern führen, bei denen wir Informationen bevorzugen, die unsere Ansichten stützen und gegenteilige ignorieren. Auch Effekte wie der Primacy- und Recency-Effekt sowie der Halo-Effekt zeigen, wie unsere Wahrnehmung beeinflusst wird. Diese Selektivität kann in der Mediation Probleme verursachen, indem Konfliktparteien verfestigte Standpunkte entwickeln. Mediatoren müssen sich dieser Tendenz bewusst sein und Techniken anwenden, um die Parteien zu einer offenen Sichtweise zu bewegen und so die Konfliktlösung zu fördern.

© 2024 Frank Hartung Ihr Mediator bei Konflikten in Familie, Erbschaft, Beruf, Wirtschaft und Schule

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