Der Mediationsblog: Wissenswertes über Mediation und Streitbeilegung
Streit am Arbeitsplatz bitte nicht aussitzen
Liebe Leserinnen und Leser!
Kennen Sie das Sprichwort „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“? Gemeint ist damit, dass insbesondere Auszubildende und Lehrlinge zunächst lernen müssen, sich ein dickeres Fell wachsen zu lassen. Sie müssen mal die Faust in der Tasche machen, klein beigeben und Arbeitsanweisungen undiskutiert ausführen. Dieser Lernprozess ist langwierig und endet eigentlich nie. Beruf und Arbeit sind nahezu immer mit Konflikten verbunden. Manchmal kommen wir mit dem Vorgesetzten nicht aus und an einem anderen Tag finden wir einen Arbeitskollegen zum Davonlaufen. Da wir einen Großteil unserer Zeit mit Arbeit verbringen, verwundert das hohe Konfliktpotenzial nicht.
Die Frage ist jedoch, wie mit Konflikten am Arbeitsplatz umgegangen werden soll. Schließlich können auch im Unternehmen Zankereien ausarten, was den Zusammenhalt im Team nachhaltig beeinflussen kann. Und funktioniert das Team nicht richtig, steht auch der wirtschaftliche Erfolg auf der Kippe. Um diese Konflikte effektiv anzugehen, bedarf es einer ersten Analyse von Konflikt und Ursache.
Typische Konflikte am Arbeitsplatz
In der Berufswelt werden wir häufig mit
- Machtkonflikten
- Zielkonflikten
- Wertekonflikten
- Wahrnehmungskonflikten und
- Beziehungskonflikten
konfrontiert.
Gründe hierfür sind:
- Persönliche Einstellungen
- Individuelle Vorstellung von Werten in Bezug auf Gesellschaft, Politik, Religion u.a.
- Neid und Eifersucht
- Steigende Anspannung wegen Leistungsdruck
- Mobbing
- Stress, Überforderung, gesundheitliche Überlastung
- Nachlässige Unternehmens-/Team-Führung
- Unzureichende oder unklare Arbeitsanweisungen und Aufgabenverteilung
Nicht selten bleiben Konflikte unerkannt und schwelen im Hintergrund, bis Situationen eskalieren. Konflikte am Arbeitsplatz lassen sich häufig am Verhalten der Mitarbeiter erkennen. „Feiern“ Mitarbeiter sehr oft krank, möchten versetzt werden oder flattern haufenweise Kündigungen auf den Schreibtisch, sollten Geschäftsführer und Vorgesetzte hellhörig werden. Auch dann, wenn die Fehlerquote im Betrieb kontinuierlich ansteigt, der Umgangston rauer wird und Kunden anfangen, sich zu beschweren, sind dies Indizien dafür, dass etwas innerhalb der Belegschaft nicht stimmt. Während zufriedene Mitarbeiter ihr Arbeitspensum mit Freude erfüllen, schieben mit Konflikten behaftete Arbeitnehmer nur noch Dienst nach Vorschrift. Treffen diese Verhaltensweisen zu, sollte mit den jeweiligen Mitarbeitern dringend das Gespräch gesucht werden.
Maßnahmen zur Konfliktprävention
Die beste Möglichkeit, Konflikten am Arbeitsplatz aus dem Weg zu gehen, ist Prävention. An dieser Stelle sind die Geschäftsinhaber und -führer, Vorgesetzte und leitende Angestellte gefragt, die dem Mitarbeiterstamm das Arbeitsleben mit wenig Aufwand erleichtern können. Und dafür müssen eigentlich auch nur wenige Regeln berücksichtigt werden:
- Kommunikation: Ein gutes Gespräch kann bei allen Beteiligten Missverständnisse beseitigen. Es sollten bei Bedarf auch Einzelgespräche geführt werden. Müssen unangenehme Entscheidungen bekanntgegeben werden, sollten auch die Gründe dafür eine Erläuterung erhalten.
- Wertschätzen: Auch wenn Mitarbeiter für ihre Arbeit entlohnt werden, darf es nicht an persönlicher Wertschätzung fehlen. Zufriedenheit und das Gefühl des „Gebrauchtwerdens“ stellt sich ein, wenn beispielsweise Wünsche oder Vorschläge von Arbeitnehmern berücksichtigt oder zumindest angehört werden. Auch das Angebot Weiterbildungen zeigt, wie wichtig die Mitarbeiter dem Unternehmen sind.
- Transparente Unternehmensführung: Natürlich dürfen und müssen Mitarbeiter eines Unternehmens nicht alles wissen. Für ein gutes Arbeitsklima kann es aber nicht schaden, Mitarbeiter mit wichtigen Informationen zu versorgen und dafür erforderliche Abläufe zu erklären.
- Beteiligungen: Gemeint ist hiermit nicht, dass jeder Mitarbeiter in irgendeiner Weise am Erfolg des Unternehmens wirtschaftlich beteiligt werden soll. Wenn jedoch Angestellte mit einbezogen werden, beispielsweise bei der Suche nach Projektlösungen, können sie sich und ihre Ideen einbringen und entsprechend beteiligen. Den Mitarbeitern kann auf diesem Wege ein Stückchen weit Freiheit und Entscheidungsspielraum eingeräumt werden, was sich positiv auf ihre Motivation auswirkt.
Wenn‘s trotzdem knallt …
Nicht immer lassen sich Konflikte im Vorhinein ausräumen und manchmal bekommt niemand mit, dass sich Konflikte innerhalb des Unternehmens hochschaukeln.
Arbeitgeber trifft die Verpflichtung, Arbeitnehmer zu schützen. Eskaliert eine Situation, muss die Führungsetage also ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und einschreiten. Dies insbesondere dann, wenn jemand kontinuierlich beleidigt oder bedroht wird. Natürlich gilt dies erst recht, wenn es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt. Die Konfliktparteien müssen dann unverzüglich getrennt werden. Je nach Sachlage und Einzelfall kommen auch Abmahnungen oder Kündigungen in Betracht.
Kann der Konflikt in einem vernünftigen Gespräch nicht beigelegt werden, sollte die Zuständigkeit geklärt werden. Infrage kommen Personen aus dem Personalrat, Betriebsrat oder entsprechend geschulte Mitarbeiter, die die Konfliktlösung begleiten. Wichtig ist, dass es sich hierbei um eine neutrale Person handelt, die die Ruhe bewahrt und sachlich bleibt. Übernehmen kann dies natürlich auch ein Mediator.
Geklärt werden muss, wie der Konflikt überhaupt entstanden ist und welche Standpunkte von den Parteien vertreten werden. Um die benötigten Informationen sammeln zu können, bieten sich Konfliktanalysegespräche an, die als Einzelgespräche geführt werden. Um eine Konfliktlösung erarbeiten zu können, müssen alle Parteien ihren Blick in die Zukunft richten. Wichtiger als eine Schuldzuweisung ist die Frage, wie die Lösung des Konflikts aussehen kann, um weiterhin vernünftig miteinander arbeiten zu können. Konfliktlösungsgespräche dienen, was nicht unterschätzt werden darf, schließlich auch dem Erhalt von Arbeitsplätzen.
Entscheidungen pro Unternehmen
Wenn alle Informationen in Bezug auf den Konflikt zusammengetragen und alle Meinungen angehört wurden, müssen seitens der Geschäftsleitung häufig schwierige Entscheidungen getroffen werden. Selbst wenn sich der Konflikt hat beilegen lassen, muss das Risiko künftiger Konflikte zwischen den Parteien abgewogen werden. Manche Menschen können sich einfach nicht „riechen“ und geraten wegen ihres Temperaments immer wieder aneinander. Müssen also Versetzungen oder Kündigungen ausgesprochen werden, bedeutet das im Umkehrschluss, dass sich diese Entscheidungen wiederum organisatorisch und wirtschaftlich auch auf das Unternehmen auswirken.
Hier gilt es, klug zu entscheiden und eine Lösung zu finden, die sowohl den Konfliktparteien als auch dem Unternehmen gerecht wird. Besonders klug ist es, einen Konflikt gleichzeitig als Lernprozess zu betrachten. Denn jede Konfliktlösung erweitert auch den Horizont, damit zukünftig Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz zum Großteil vermieden oder deutlich effektiver gelöst werden können. Gerne bin ich in meiner Funktion als Mediator dabei behilflich.
Bis zum nächsten Mal!
Ihr Frank Hartung
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