Der Mediationsblog: Wissenswertes über Mediation und Streitbeilegung
Die Bedeutung des Zuhörens in der Kommunikation
Liebe Leserinnen und Leser!
Wenn wir davon sprechen, dass uns im Alltag etwas „untergegangen“ ist, haben wir häufig einfach nicht richtig zugehört. Fast jeder von uns kennt die Situation, in der wir gedanklich mit etwas beschäftigt sind und dem anderen nur mit einem „halben Ohr“ zuhören. Dies führt nicht selten zu Konflikten und dem altbekannten Vorwurf „Du hast mir nicht zugehört!“.
Zuhören ist ein wichtiger Faktor in der Kommunikation. Nicht ohne Grund wird im Mediationsverfahren, bei der Psychotherapie oder auch in Management-Trainings das aktive Zuhören genutzt. Sicher kann es aber auch nicht schaden, im Privatleben und in allen beruflichen Bereichen richtig zuzuhören. Als grundlegendes Tool im Mediationsverfahren wird das Aktive Zuhören auch Loopen genannt. Dabei bedeutet Zuhören zunächst einmal genau hinzuhören, um die die sachlichen Botschaften aus dem Gesprächsverlauf herauszuhören und zu verstehen, was sich sonst noch hinter den Aussagen verbirgt. Zuhören ist demnach eine Verständigung darüber, was gesagt, gehört und verstanden wurde. In der Mediation wird vor dem Hintergrund dieser Verständigung das Gesagte mit eigenen Worten noch einmal wiedergegeben und reflektiert.
Hinhören ist nicht = Zuhören
Auch bekannte Wissenschaftler wie Von Rogers, Schulz von Thun oder Gordon haben sich mit dem Zuhören auseinandergesetzt und verschiedene Techniken entwickelt, um durch Aktives Zuhören mit einem hohen Maß an Empathie gewaltfreie Konfliktlösungen zu fördern.
Um gegenseitiges Verständnis füreinander entwickeln zu können, müssen sich Gesprächspartner richtig zuhören – und nicht nur einfach passiv hinhören. Wird dem Gegenüber zugehört und die volle Aufmerksamkeit zuteil, lassen sich Missverständnisse und unschöne Gesprächsverläufe vermeiden. Zuhören sollte als eine Aktivität betrachtet werden, die man nicht einfach so „nebenbei“ ausführt. Wer bewusst zuhört, schenkt seinem Gegenüber Zeit, Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Von ganz allein stellt sich dann auch eine wohlwollende, verständige und urteilsfreie Atmosphäre ein.
Aktives Zuhören bietet jedem die Gelegenheit, den jeweiligen Gesprächspartner besser zu verstehen und empathische Gespräche zu führen.
Es gibt Regeln für das Aktive Zuhören
In der Kommunikation begünstigt Aktives Zuhören die Vorbeugung bzw. Verringerung von Missverständnissen und die Entwicklung eines empathischen Gesprächsverlaufs. Die Beziehungen zueinander lassen sich verbessern und vertiefen, wenn Gesagtes und Gefühltes verbalisiert wird. Auch kann Aktives Zuhören dabei helfen, die Fähigkeit der Selbsthilfe zu unterstützen und das Selbstbewusstsein zu stärken.
Bei derart vielen tollen Vorteilen sollte es leicht fallen, die Regeln für das Aktive Zuhören anzuwenden.
Sowohl der Sprechende als auch der Zuhörende sendet viele Signale. Diese können sprachlich verbal als auch körpersprachlich nonverbal interpretiert werden. Durch Gestik, Mimik, Wortwahl und Tonfall können ebenfalls Signale mitgeteilt werden. Das Andeuten eines Nickens kann dem Gegenüber beispielsweise mitteilen, dass die Botschaft verstanden wurde, während ein starkes Nicken als eine Form der Beipflichtung betrachtet wird. Die Facetten sind breit gefächert, weshalb das Aktive Zuhören alle Sinne fordert.
Verbale und nonverbale Techniken
Basis für das Aktive Zuhören ist das Schenken von Zeit und Interesse. Mit Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen, Konzentration und ohne Zeitdruck sollte einem Gespräch gefolgt werden. Auf nonverbaler Ebene hilft dabei eine offene und dem Gesprächspartner zugewandte Körperhaltung als Zeichen der Akzeptanz. Durch das Halten von Blickkontakt wird dem Gegenüber Aufmerksamkeit und Interesse signalisiert, was ihn zum Sprechen ermutigt. Um Ablenkungen zu vermeiden, sollte dann beispielsweise auch das Smartphone in der Tasche bleiben. So erhält der Sprechende das Gefühl, dass das Gesagte zum Kernelement der Unterhaltung wird. Tendenziell sollte der Zuhörende weniger sagen, aber aufmerksam zuhören.
Empathisches Zuhören hat nicht den Hintergrund, ein Gespräch oder den Sprechenden zu manipulieren. In einer vertrauensvollen Atmosphäre sind Gesprächspausen deshalb auch kein Problem, sondern bieten Zeit zum Nachdenken. Dem Sprechenden sollte Gelegenheit gegeben werden, all seine Gefühle und Gedanken mitteilen zu können. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um emotionale Personen und Themen handelt.
Durch verbale Signale zeigt der aktiv Zuhörende seine Unterstützung. Im Mediationsverfahren macht sich der Mediator das Paraphrasieren und Verbalisieren zunutze, um den Gesprächsverlauf zu steuern. Beim Paraphrasieren mit Fragen wie „Verstehe ich es richtig, dass …?“ wird das Gesagte in eigenen Worten wiederholt. Aktiv Zuhörende bringen dadurch das Gesagte auf eine sachliche Ebene, was bei Konfliktgesprächen von Vorteil und für alle Beteiligten beruhigend sein kann. Gleichzeitig kann so die Kernaussage verdeutlicht werden.
Das Verbalisieren kann hingegen mit dem Umschreiben verglichen werden. Beim Umschreiben liegt der Fokus auf der Sachebene; es werden die sachlichen Argumente wiederholt. Beim Verbalisieren geht es jedoch um die emotionalen Komponenten des Gesprächs und um verborgene Botschaften, die eine Verständigung stören könnten. Hier bedarf es ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, da der Zuhörende darauf achten muss, wie der andere etwas sagt. Vergleichbar mit dem bekannten „Zwischen den Zeilen lesen“ sollte hierbei auf Tonfall, Redeweise und Redegeschwindigkeit geachtet werden. Unter Berücksichtigung dieser „Zwischentöne“ lässt es sich leichter mit eigenen Worten auf die emotionale Lage des Gesprächspartners eingehen.
Beim Wiedergeben von Emotionen werden häufig „Ich-Botschaften“ genutzt, die auf eigene Bedürfnisse aufmerksam machen und gleichzeitig die Emotionen des anderen reflektieren. Mit Einleitungen wie „Ich habe das Gefühl, dass …“ wird sowohl die eigene Wahrnehmung mitgeteilt als auch die Möglichkeit gegeben, dass ruhig eine Richtigstellung erfolgen kann.
Tipps & Tricks für richtig gute Zuhörer
Sicher gehen die vorerwähnten Regeln für Aktives Zuhören im Alltag schnell unter. Dennoch sollten zur Vermeidung völlig unnötiger Konflikte und Missverständnisse einige Hinweise im Gedächtnis bleiben:
- Begegnen Sie Ihrem Gegenüber mit Wohlwollen und werturteilsfrei.
- Urteilen Sie nie vorschnell über Ihr Gegenüber oder das Thema des Gesprächs, bevor Ihr Gegenüber ausgesprochen hat.
- Halten Sie Blickkontakt ohne zu Starren oder die Augen gelangweilt in der Gegend umher schweifen zu lassen. Das ist auch heute noch unhöflich!
- Achten Sie auf Ihre natürlich-positive Körperhaltung. Ein Lächeln oder freundliches Gesicht kann den Gesprächsverlauf ungemein positiv beeinflussen.
- Stellen Sie Fragen, um das Gesagte besser erfassen und verstehen zu können. So zeigen Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie daran interessiert sind.
- Lassen Sie sich nicht stören – Handys dürfen für die Dauer des Gesprächs ruhig einmal auf lautlos oder „Aus“ gestellt werden.
- Konzentrieren Sie sich immer nur auf eine Sache. Werden Sie durch Ihren Gesprächspartner bei etwas Wichtigem unterbrochen, so bitten Sie ihn, kurz zu warten. Wenn Ihr Gegenüber weiß, dass Sie sich in wenigen Minuten Zeit für ihn nehmen, fühlt er sich bestärkt. Sie zeigen so, dass Ihnen etwas an Ihrem Gesprächspartner und seinen Anliegen liegt.
- Unterbrechen Sie Ihren Gesprächspartner nicht in seinem Redefluss. Vielleicht hat er sich vorab sogar die Mühe gemacht und sich auf das Gespräch vorbereitet. Wenn Sie etwas nicht verstehen, warten Sie ab, bis Ihr Gesprächspartner eine Redepause einlegt. Dann haben Sie ausreichend Gelegenheit, sich Sachverhalte erklären zu lassen.
Letztendlich bedarf es für das empathische Aktive Zuhören auch etwas Geduld. Dafür werden aber mit Sicherheit auch Sie mit angenehmen Gesprächen und guten zwischenmenschlichen Beziehungen dafür belohnt. Natürlich profitiert auch Ihr Gesprächspartner von Ihrer empathischen Grundeinstellung.
Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie gesund!
Ihr Frank Hartung
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