Der Mediationsblog: Wissenswertes über Mediation und Streitbeilegung
Aktiv zuhören – wie geht das eigentlich?
Im Bereich der Mediation wird immer wieder vom aktiven Zuhören gesprochen. Auch im Privatleben werfen sich Menschen häufig an den Kopf, dass der jeweils andere „nicht richtig zugehört“ hat. Aber kann man beim Zuhören wirklich so viel falsch machen? Ist es nicht so, dass unsere Ohren Wörter und Sätze automatisch aufnehmen und an das Gehirn weiterleiten, damit sie dort verarbeitet werden können? Leider ist es nicht ganz so einfach. Nur das Hören funktioniert automatisch.
Jemandem zuzuhören bedeutet jedoch nicht, ihn tatsächlich auch zu versehen. Missverständnisse geschehen, weil Menschen meinen, das Gesagte von anderen verstanden zu haben. Oft interpretieren sie aber etwas völlig anderes in das Gesagte hinein.
Aktives Zuhören ist wichtig; sowohl im Beruf als auch im Privatleben. Denn nur so können Beziehungen und Verbindungen ohne großes Konfliktpotenzial funktionieren.
Was aktives Zuhören bedeutet
Aktives Zuhören ist keine Tätigkeit, sondern die grundsätzliche Haltung gegenüber dem jeweiligen Gesprächspartner. Dem Gegenüber wird dabei Empathie, Offenheit und Respekt entgegengebracht. Grundvoraussetzung für aktives Zuhören ist die Bereitschaft, auch verstehen zu wollen, was das Gegenüber mit dem Gesprochenen meint. Dem Gespräch wird interessiert und aufmerksam gefolgt. Um sicherzustellen, alles richtig verstanden zu haben, sollte das Gesagte mit den eigenen Worten wiedergegeben werden. Dieses Nachfragen und Wiedergeben wird in der Mediation übrigens „Paraphrasieren“ oder „Loopen“ genannt. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und der jeweilige Gesprächspartner bekommt das Gefühl von Wertschätzung und echtem Interesse.
Jeder Mensch wünscht sich, gehört und gesehen zu werden. Dieses Bedürfnis nach Aufmerksamkeit kann durch aktives Zuhören erfüllt werden. Gefördert wird hierdurch ein gegenseitiges Verständnis sowie Vertrauen und die Möglichkeit von Perspektivwechseln. Aktives Zuhören ist ein wichtiger Kernpunkt in der Kommunikation und dient der Vermeidung von Missverständnissen, die in Konflikte münden können.
Vorteile und Förderung des aktiven Zuhörens
Wer seinem Gesprächspartner aktiv zuhört, lässt sich gedanklich und emotional voll auf sein Gegenüber ein. Dadurch fällt es leichter, die Denkweise des Gesprächspartners besser nachzuvollziehen und Ansichten oder Interessen besser zu verstehen. So trägt das aktive Zuhören zu einer optimalen Verständigung und vertrauensvollen Atmosphäre bei.
Beim aktiven Zuhören wird die eigene Meinung hinten angestellt, um sich voll auf den Gesprächspartner konzentrieren zu können. Direkter Augen- bzw. Blickkontakt übermittelt dem anderen Interesse. In längeren Gesprächen kann durch Nicken oder kurze zustimmende Worte bestätigt werden, dass der Gesprächsinhalt verstanden wurde. Wird der Sachverhalt oder Gesprächsinhalt in eigenen Worten wiedergegeben, lässt sich dies mit einer Aussage verbinden, welche Emotionen hinter dem Gesagten vermutet werden.
Aktives Zuhören bedarf ein wenig Übung
Aktives Zuhören kann jeder erlernen und üben. Alle Kontakte zu Menschen bieten sich dafür an. Das Schwerste dabei ist meistens, sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse zurückzunehmen, um dem Gegenüber ausreichend Gelegenheit und Raum zu geben, sich mitzuteilen. Offene Fragen laden dazu sein, sich mitzuteilen, falls sich ein Gegenüber etwas scheut.
Beim aktiven Zuhören bietet sich die Gelegenheit, sich in die Lage des Gesprächspartners einzufühlen und seine Perspektive zu beleuchten. Unterstützt wird dies durch die Wahrnehmung von Mimik und Körpersprache. Man erkennt, was den anderen beschäftigt und wie eine andere Sichtweise aussehen könnte. Dies funktioniert jedoch nur, wenn man dem Gesagten aufmerksam folgt und sich nicht ablenken lässt. Wer sich nicht alles merken kann, sollte sich Notizen machen um verschiedene Aspekte später noch einmal aufgreifen zu können.
Aktives Zuhören setzt immer voraus, unvoreingenommen zu sein und Wertungen zu vermeiden. Wer seine kommunikativen Fähigkeiten durch aktives Zuhören verbessern möchte, kann die Methode auch in Rollenspielen üben.
Aktives Zuhören in der Mediation und bei Verhandlungen
Die Technik des aktiven Zuhörens ist ein wichtiger Bestandteil von Mediationsverfahren und anderen Verhandlungsgesprächen. Als Gesprächsführungstechnik hat aktives Zuhören einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der Verhandlung. Verhandlungsgespräche führen schneller zum Ziel und verbessern die Beziehungen zwischen den Verhandlungspartnern.
In Verhandlungsgesprächen hilft aktives Zuhören dabei, dass sich die Verhandlungspartner besser verstehen. Durch dieses Verständnis in Bezug auf Gegenargumente entsteht ein offener Raum für eine effiziente Verhandlung. Auch hier wird sich in den Gesprächspartner hineinversetzt, um Botschaften „zwischen den Zeilen“ und versteckte Emotionen zu erkennen und zu analysieren.
Im Mediationsverfahren basiert aktives Zuhören auf drei Phasen:
- Aufnehmendes Zuhören
Es geht darum, aufmerksam zuzuhören, um potenziell versteckte Botschaften aufnehmen zu können. Dem Gegenüber wird Interesse an seinen Motiven und seinen Emotionen gezeigt. Dies geschieht durch direkten Blickkontakt und positive Bestätigungen (bspw. Nicken), das Gesagte verstanden zu haben. Diese sollten das Gespräch bzw. den Redefluss jedoch nicht unterbrechen. - Verstehen, Paraphrasieren und Loopen
Es geht darum, potenzielle Unklarheiten zu beseitigen und zu gewährleisten, dass das Gesagte richtig verstanden wurde. Durch das Wiederholen können Missverständnisse ausgeschlossen werden. - Untersuchen und Verbalisieren
Hier geht es darum, den emotionalen Inhalt des Gesprächs zu verstehen und in eigenen Worten wiederzugeben. So kann ergründet werden, welche Emotionen in den Aussagen stecken. Über die Wahrnehmung und Deutung wird Rückmeldung gegeben.
In Verhandlungsgesprächen ist es enorm wichtig, sich nicht vom eigenen gedanklichen Fokus auf ein potenzielles Ziel ablenken zu lassen. Wenn man sich im Kopf bereits mit den eigenen Argumenten und Gegenargumenten beschäftigt, bleibt wenig Raum für das aktive Zuhören. Aktives Zuhören erfordert die gesamte Konzentration. Für eigene Argumente bleibt danach sicherlich noch ausreichend Zeit.
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