Der Mediationsblog: Wissenswertes über Mediation und Streitbeilegung
Mediation verbessert Streitkultur
Der Begriff der Streitkultur kann unter psychologischen, literarischen, juristischen, philosophischen, historischen und nicht zuletzt soziologischen Aspekten betrachtet werden. Was jedoch allesamt gemeinsam haben ist das Vorhandensein eines Konflikts, einer Meinungsverschiedenheit oder einer Auseinandersetzung. Wer miteinander streitet, vertritt seinen eigenen Standpunkt und tritt für seine eigene Überzeugung ein. Nicht selten arten Streitigkeiten aus, werden persönlich, verletzend laut und ungestüm. Noch weniger selten sind allerdings Streitigkeiten, die letztendlich vor dem Richter landen, weil anderweitig keine Einigung mehr denkbar ist. Und was ein Gerichtsverfahren an Zeit, Nerven sowie Anwalts- und Gerichtsgebühren kostet, kann dem Durchschnittsbürger durchaus mal Magenschmerzen bereiten.
Streiten im Land der „Kesselflicker“
In Deutschland wird gestritten, was das sprichwörtliche Zeug hält. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 1,4 Millionen Zivilklagen eingereicht. Ganz weit vorne bei den Klagegründen waren Nachbarschaftsstreitigkeiten, Mietsachen oder Reiseangelegenheiten. In 2017 wurden allein 153.500 Ehen durch richterlichen Beschluss geschieden und 436.545 Arbeitsgerichtsverfahren angestrengt. Dass sich hierzulande gerne gestritten wird, zeigt auch die Anzahl der zugelassenen Anwälte. Im Jahr 2018 waren 164.656 Rechtsanwälte für die Vertretung vor den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten zugelassen.
Streitigkeiten und Konflikte gehören jedoch zum Alltag. Es ist auch nicht richtig, Konfrontationen immer aus dem Weg zu gehen und lieber „klein beizugeben“. Anders herum macht eine Streitsucht einen Menschen auch nicht wirklich glücklicher. Gehen Streitgespräche unter die Gürtellinie, kann von konstruktivem Verhalten nicht mehr die Rede sein. Im Gegenteil: Streiten kann emotional weh tun, dauerhaft belasten und sogar krank machen.
Insbesondere massive und andauernde Streitigkeiten zwischen Freunden und Familienmitgliedern belasten nicht nur die Seele. Studien haben nachgewiesen, dass Streit auch körperliche Auswirkungen haben kann. Langfristiger Ärger im zwischenmenschlichen Bereich lässt den Blutdruck steigen, was das Risiko von Herzinfarkten oder Schlaganfällen erhöhen kann. Die Erhöhung des Blutdrucks ist in diesem Fall auf den Stress zurück zu führen, der mit einem Streit einhergeht. Dies gilt natürlich nicht für kleine Zankereien und Zwiste, sondern eher für ernsthafte Konflikte, die andauern und bei denen eine Lösung in weite Ferne gerückt ist.
Friedlicher Weg aus dem Streit – die Mediation
Einen anderen Weg beschreitet die Mediation. Und eigentlich sind Teile der für viele Menschen noch ganz neuen Mediation schon längst bekannt: Mit „reden statt streiten“, „vermitteln statt streiten“ oder „schlichten statt streiten“ versuchen wir schon unseren Kindern den Weg zu einer friedlichen Konfliktlösung zu vermitteln. Statt beispielsweise im Kindergarten den Sandkasten zu einem Kriegsschauplatz zu machen, auf dem mit Schüppen um die begehrte Burg gekämpft wird, legen Pädagogen, Eltern und Erziehungsberechtigten den Kindern nahe, gemeinsam oder abwechselnd zu spielen und so eine friedliche Einigung herbeizuführen. Geschieht dies, ist ein Konflikt schnell beseitigt und beide Kinder dabei, fröhlich miteinander zu spielen.
Grundsätzlich ist es bei einer Mediation nicht anders; nur das Erwachsene - leider ! - viel komplizierter denken und auch komplexer reagieren. Der große Unterschied besteht darin, dass die Konfliktparteien professionelle Anleitung und Fürsorge durch den Mediator erhalten, um selbst eine Konfliktlösung herbeiführen zu können. Denn irgendwo zwischen Kindergarten und Berufsausbildung scheinen Erwachsene das „richtige Streiten“ verlernt zu haben. Eine Mediation ist also immer auch ein Lernprozess, durch den beide Parteien gehen und in der Zukunft davon profitieren. Sie lernen zuzuhören, andere Denkweisen zu akzeptieren und sich in die Situation des anderen hinein zu versetzen. Daraus resultiert, dass sich automatisch ein Verständnis füreinander entwickelt, das den Weg zu einer gemeinsamen Lösungsfindung ebnet.
Positives aus dem Konflikt ziehen
Je nach Mediationsart fokussiert sich die Mediation auf die Persönlichkeit und Vorgeschichte der beiden streitenden Parteien sowie auf die Analyse des Konflikts selbst. Würden die Parteien wegen des Konflikts vor Gericht stehen, hätten sie den Ausgang des Verfahrens nicht mehr selbst in der Hand. Der Richter würde allein in Anlehnung an gültiges Recht entscheiden. Bei der Mediation erarbeiten die Parteien selbst eine Konfliktlösung und können demnach auch das Verfahren kontrollieren. Der Mediator ist dabei die kommunikative Stütze, die Gespräche lenkt und darauf achtet, dass alles fair, ehrlich und sachlich bleibt. Aus diesem Grund sind Medianden, wie die Parteien in einer Mediation genannt werden, in der Regel auch zufriedener mit einem Mediationsergebnis als mit einem Beschluss oder Urteil.
Vor Gericht spielen die individuellen Bedürfnisse, Interessen und auch die Einstellungen zur Gerechtigkeit kaum eine Rolle. Gerichtsverfahren fokussieren sich auf Rechte und Ansprüche, die grundsätzlich mit Blick zurück in die Vergangenheit (Grund und Beginn des Konflikts) entschieden werden. Im Gegensatz zur Mediation weisen Gerichtsverfahren keine in die Zukunft reichende Gestaltung von persönlichen oder geschäftlichen Beziehungen auf. Wer sich also vor Gericht streitet, bleibt in der Regel nachher nicht befreundet, führt eine erfolgversprechende Geschäftsbeziehung weiter oder steht weiterhin in irgendeiner Beziehung zur anderen Partei.
Nach der Mediation wieder - und weiterhin - Freunde oder Geschäftspartner
Nicht selten lernen sich Menschen in der Mediation erst richtig kennen und auch schätzen. Durch den vom Mediator strukturierten Ablauf sowie die zielführende Kommunikation lernen die Medianden, über den sogenannten Tellerrand hinauszuschauen und auch andere Denkweisen, Lebenseinstellungen und Meinungen näher zu betrachten. Sie müssen diese für sich selbst nicht gutheißen, können sie jedoch besser akzeptieren. Durch die Veränderung des eigenen Blickwinkels wird automatisch ein besseres Verständnis entwickelt, dass die Parteien wieder ein Stückchen zueinander rücken lässt. Letztendlich gelingt es während der Mediationsgespräche, bei denen jeder dem anderen aufrichtig zuhört – selbst den Weg zu einer gemeinsamen Lösung zu erarbeiten. Kompromisse spielen hierbei eine wichtige Rolle, da sie durch das gegenseitige Sich-Verstehen in wieder erreichbare Nähe rücken.
Konnte eine Lösung erarbeitet werden, die allen Bedürfnissen und Ansprüchen gerecht wird, endet die Mediation mit der Mediationsvereinbarung und der für alle Parteien wichtigen Win-Win-Situation. Die Beziehung zwischen den Parteien besteht jedoch weiterhin fort. Es gibt schlicht keinen Grund mehr, warum dies nicht so wäre. Schließlich haben die Parteien gemeinsam eine Lösung entwickelt, mit der sie zufrieden sind. Der Weiterführung von persönliche Beziehungen sowie geschäftlichen Partnerschaften steht also generell nichts mehr im Weg.
Was ebenfalls nicht endet ist das durch die Mediation erlernte Verhalten in Konfliktsituationen. Das in der Mediation praktizierte Durchdenken von Sachverhalten, Annehmen anderer Denkweisen und der erlebte Gewinn einer sachlich-strukturierten Diskussion trägt dazu bei, dass in der Zukunft Konflikte gar nicht erst entstehen oder aber schneller und einfacher gelöst werden.
Wer mehr über die Mediation und die Arbeit eines Mediators wissen möchte, findet interessante Informationen auf unserem Mediations-Porträt.
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