Der Mediationsblog: Wissenswertes über Mediation und Streitbeilegung
Konflikte in virtuellen Meetings lösen
Liebe Leserinnen und Leser!
Spätestens seit Ausbruch der Pandemie arbeiten viele im Homeoffice und nutzen Videokonferenzen und Online-Meetings zum Austausch mit Vorgesetzten, Kollegen und anderen Beteiligten. Die moderne Arbeitswelt beeinflusst auch das klassische Bild eines Unternehmens. Während es früher immer die gleichen Mitarbeiter waren, die diese und jene Aufgaben übernommen haben, müssen viele Arbeitskräfte heute sehr flexibel agieren und im Idealfall jeden anderen Mitarbeiter der Abteilung vertreten können. Konsequenz hiervon ist, dass sich Mitarbeiter kaum noch persönlich kennen oder Teammitglieder Kontakt im Real Life haben.
Im Bereich der virtuellen Zusammenarbeit wird häufig nach der Maxime „Computer aus – Problem weg“ agiert. Aber auch wenn dem Konflikt auf dieser Weise aus dem Weg gegangen wird, ist er noch da.
Schwierigkeiten mit der Konfliktlösung in Online-Konferenzen
Es kommt immer häufiger zu Konflikten in Online-Meetings, weil deutlich mehr digital und virtuell gearbeitet wird. Was aber fehlt sind Erfahrungen im Bereich des Konfliktmanagements, was virtuelle Kommunikation betrifft. Im virtuellen Konfliktmanagement kommt es insbesondere aus folgenden Gründen zu Problemen:
- Wegfall spontaner, persönlicher Treffen
In der klassischen Zusammenarbeit begegnen sich Arbeitskollegen auf dem Büroflur, in der Küche oder zum Mittagessen in der Kantine. Diese Treffen werden u.a. auch zur informellen Kommunikation genutzt und wichtige Informationen für den sozialen Zusammenhalt geteilt. Diese Gespräche stärken das Team und die Identifikation mit dem Arbeitgeber. Außerdem kann so schon im Vorfeld ein potenzieller Konflikt angesprochen und geklärt werden. Bei einer rein digitalen Zusammenarbeit fehlt dieser Austausch.
- Erschwerter Vertrauensaufbau
Grundsätzlich ist Vertrauen die Voraussetzung für ein erfolgreich zusammenarbeitendes Team. Die Teammitglieder vertrauen auf die gegenseitige fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit. Dass Vertrauen aber auch eine körperliche Dimension haben kann, wissen wir alle beispielsweise vom Händeschütteln nach erfolgreichen geschäftlichen Verhandlungen. Mit dem Handschlag wird auch heute noch ein Geschäft besiegelt. Bei Online-Meetings oder Mail-Kommunikation fehlt dieser Kontakt, bei dem Gestik und Mimik des Gegenübers eingeschätzt werden kann. Aus diesem Grund entstehen häufiger Missverständnisse und Konflikte.
- Routinen zur Konfliktprävention fehlen
Im klassischen Arbeitsalltag haben sich Routinen etabliert, wie mit potenziellen Konflikten umgegangen wird. In wöchentlichen Meetings oder regelmäßigen Einzelgesprächen fragen Geschäftsführung oder Teamleitung nach Problemen, Streitigkeiten, Beschwerden oder Unklarheiten. Durch diese Regeln lassen sich Irritationen und Kommunikationsprobleme aus dem Weg räumen, was das Konfliktpotenzial senkt. In digitalen oder virtuellen Teams hat sich bislang keine Konfliktvermeidungsstrategie etabliert. Störende Sachverhalte werden auf die lange Bank geschoben, bis sich Unmut breit macht und zu Konflikten führt. Diese Konflikte sind dann häufig schon emotional belastet und lassen sich nur mit viel Aufwand lösen.
Tipps & Tricks für Konflikte im Online-Meeting
- Einführung einer Konfliktkultur
Wenn für die Teammitglieder die virtuelle Zusammenarbeit neu ist, sollte man eine Konfliktkultur etablieren. Es fällt vielen Menschen schwer, innerhalb des Teams offen über Irritationen, Missverständnisse, Eindrücke und Gefühle zu sprechen. Dies gilt insbesondere für neue Teammitglieder. Auch in Online-Meetings gibt es zahlreiche Möglichkeiten, gezielte Routinen zu nutzen, in denen Konflikte gelöst werden können. So kann beispielsweise zu Beginn eines virtuellen Meetings kurz danach gefragt werden, ob Probleme besprochen werden sollen bzw. müssen. - Vorbildfunktion nutzen
Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen und aktiv über Konflikte oder ärgerliche Sachverhalte reden. Es sollte auf eine offene Kommunikation geachtet werden, damit sich auch alle anderen Mitglieder des Teams „trauen“, etwas zu sagen.
- Zeit für Konflikte nehmen
Da die virtuelle Zusammenarbeit auch vor dem Hintergrund geschaffen wurde, Zeit zu sparen, ist diese häufig knapp bemessen. Dennoch sollten Konflikte nicht einfach übergangen werden. Es sollte allen im Team die Möglichkeit zur Artikulation gegeben werden. Jeder soll kommunizieren können, was als belastend empfunden wird oder die Arbeit erschwert. Hierfür sollten beispielsweise Chats oder Teilgruppensitzungen angeboten werden. Sind bereits größere Konflikte aufgetreten, sollten Konfliktlösungen neutral moderiert werden.
- Arbeiten in kleinen Gruppen
Geht es in einem Online-Meeting um eine Konfliktlösung, sollten nur die darin involvierten Mitarbeiter daran teilnehmen dürfen. Eine Konfliktlösung erfordert oftmals, dass Menschen über ihren eigenen Schatten springen. Dies fällt im kleinen Kreis leichter, wobei die Vereinbarung von Vertraulichkeit zusätzliche Sicherheit bieten kann.
- Digitales Team-Building
Wie gut ein Team funktioniert, hängt auch bei virtuellen Teams vom verbindenden Gemeinschaftsgefühl ab. Deshalb sollten zwischendurch auch Meeting-Pausen für Smalltalk genutzt werden dürfen. Ein wenig Zeit für persönlichen Austausch und Kontaktpflege sollte neben der reinen Bearbeitung von sachlichen Themen daher immer eingeplant werden.
- Moderation von Online-Meetings
In digitalen Räumen ist eine klare Struktur der Kommunikation sehr wichtig. Geschulte Führungskräfte und Teamleiter achten darauf, dass im Online-Meeting jeder reden darf und ausreichend Zeit dafür bekommt. Es gilt, Vielredner Einhalt zu gebieten, damit die Redeanteile fair verteilt werden können. Verschwiegenere Teammitglieder sollten hingegen etwas motiviert werden, sich mehr an den Gesprächen zu beteiligen. Des Weiteren sollte betrachtet werden, wie die Meetingteilnehmer mit Emotionen umgehen, um frühzeitig Konfliktprävention betreiben zu können.
Da wir davon ausgehen können, dass der Fokus auch in Zukunft auf digitaler und virtueller Arbeit liegen wird, sollte das Konfliktpotenzial in Online-Meetings nicht unterschätzt und detailliert beobachtet werden.
Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie wohlauf!
Ihr Frank Hartung
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