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Wie gewaltfreie Kommunikation auch bei Konflikten mit Kindern helfen kann

Liebe Leserinnen und Leser!

Wie oft wünschen wir uns, noch einmal „klein zu sein“, wenn wir an unsere sorgenfreie Kindheit denken. Schließlich mussten wir uns selbst kaum um etwas kümmern. Entscheidungen wurden von unseren Eltern getroffen und eher selten ausdiskutiert. Heute sieht das Ganze etwas anders aus. Die Kommunikation mit Kindern hat sich entscheidend gewandelt. Ihnen wird mehr Raum gegeben, eigene Entscheidungen zu treffen und auch Konflikte durchzustehen.

Konflikte mit Kindern können schwierig sein. Viele Erzieher und Erzieherinnen nutzen auch in diesen schwierigen Situationen das von Marshall Rosenberg entwickelte Konzept der GFK, also der gewaltfreien Kommunikation. Und das funktioniert nicht nur mit den Kindern, sondern auch mit Eltern und Erziehungsberechtigten und eigentlich allen anderen Menschen.

 

GFK im Kurzporträt

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation wurde ursprünglich als Möglichkeit entwickelt, Konflikte konstruktiv zu bearbeiten. Heute gilt die GFK schon als Grundhaltung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Konzept hilft uns dabei, uns besser auszudrücken, genauer zuzuhören, bewusster zu antworten und unsere Wahrnehmungen zu hinterfragen.

Aufgeteilt wird die GFK in die vier Komponenten

  • Beobachten (Wahrnehmung ohne Bewertung und Beurteilung)
  • Gefühle benennen (Gefühle ausdrücken ohne Einschätzungen vorzunehmen)
  • Bedürfnisse ausdrücken (Erkennen, welches Bedürfnis sich hinter einem Gefühl verbirgt)
  • Bitten (Bitten ohne jemand anderen unter Druck zu setzen und Forderungen zu stellen)

Das Konzept der GFK setzt Empathie voraus. Wir müssen Einfühlungsvermögen für unser Gegenüber entwickeln und ihm gut zuhören. Häufig beschäftigen wir uns weniger mit uns selbst, sondern beziehen uns auf unsere Mitmenschen. Verurteilungen, Vergleiche, Vorwürfe über Fehlverhalten, Schuldzuweisungen, Angriffe, Rechtfertigungen und Bewertungen haben in der GFK keinen Raum, sondern werden durch eine klare Wahrnehmung der eigenen Gefühle und dessen Ausdruck ersetzt.

 

Kinder belohnen oder bestrafen?

Im Umgang mit Kindern sind Pädagogen der Ansicht, dass Bestrafungen im erzieherischen Alltag nicht sinnvoll sind. Eher wird auf Lob und Belohnung gesetzt, um erwünschtes Verhalten zu verstärken. Nach Ansicht von Marshall Rosenberg ist dies jedoch auch nicht geeignet, Gutes bei den Kindern zu bewirken. Positive Verstärkung ist nach seiner Meinung lediglich die Umkehr von Sanktionierung unerwünschten Verhaltens, sodass Kinder eher nach Belohnung als nach menschlicher Begegnung streben.

Die GFK stützt sich auf die Annahme, dass jeder Mensch von Natur aus empathisch ist. Jeder ist in der Lage, wahrzunehmen und mitzufühlen. Ob überhaupt und über wen oder was Menschen sich ärgern, können sie selbst entscheiden. Insbesondere im Umgang mit Kindern ist es aus erzieherischer Sicht sinnvoll, Konflikte nicht „auszukämpfen“, sondern mit Verständnis füreinander zu lösen.

Ein Beispiel: Das Kind guckt einen Trickfilm und das Abendessen ist fertig. Die Mutter ruft die Familie zum gemeinsamen Essen zusammen. Das Kind antwortet mit einem klaren „Nein!“. Jetzt hat die Mutter entweder die Möglichkeit, beim Kind Gehorsam einzufordern oder es weiter den Film gucken zu lassen. Beides entspricht nicht dem Konzept der GFK. Alle Beteiligten haben ein Bedürfnis. Das Kind möchte den Film ansehen, die Mutter mit der Familie essen. Eine nach der GFK achtsame Mutter fragt das Kind nach seinem Bedürfnis und geht darauf ein. Gemeinsam lässt sich so häufig ein Kompromiss finden, also etwa das Drücken der Pause-Taste für die Zeit des Essens. Danach darf das Kind den Film weiter anschauen und profitiert davon, weder Film noch Essen verpasst zu haben.

Fast noch wichtiger als der dadurch entstandene Familienfrieden ist die Lehre für das Kind, dass es als eigenständiger Mensch wahrgenommen wird und Wertschätzung erfährt. Auf der anderen Seite lernt das Kind, dass es für die Mutter und den Rest der Familie wichtig ist, dass jedes Familienmitglied - also auch das Kind selbst - beim Abendessen dabei ist. Das Kind fühlt sich emotional angenommen und wird für die Zukunft das gemeinsame Essen als wichtig einschätzen und anerkennen.

 

Wenn zwei sich streiten …

Gewaltfreie Kommunikation für KinderGewöhnlich geraten Kinder miteinander in Streit, wenn das eine Kind etwas haben möchte, was gerade das andere Kind hat. Kinder versuchen dann, das gewünschte Gut irgendwie in Besitz zu bekommen. Sie nehmen es dem anderen Kind weg, üben ihre Dominanz aus oder warten im Idealfall ab, bis das Objekt des Begehrens wieder zu haben ist. Nur das abwartende Verhalten kann dabei als gewaltfreie Konfliktlösung betrachtet werden. Entscheidend ist aber, dass gerade in der Kindheit und Jugendzeit erlernt wird, was moralisch richtig oder falsch ist. Pädagogen gehen davon aus, dass Kinder bis zu ihrem vierten Lebensjahr nicht in der Lage sind, sich in ihrem Handeln an moralischen Grundsätzen zu orientieren. Sie schämen sich also nicht und fühlen sich auch nicht schlecht, wenn sie ihrem Spielkameraden einfach das Spielzeug wegnehmen.

Als Erwachsener verspürt man in diesen Situationen den Drang, in die Situation einzugreifen. Und zwar wird dann vom Erwachsenen bestimmt, wer das Spielzeug bekommt oder wann sich die Kinder wie abzuwechseln haben. Nach dem Konzept der GFK werden jedoch erst einmal die Bedürfnisse der Kinder erforscht. Hat ein Kind vielleicht schon lange nach diesem Spielzeug gesucht? Hat ein Kind Langeweile und wollte nur deshalb einen Streit anzetteln? Zu vermeiden sind dabei die typischen Fragen nach dem „Warum?“. Warum-Fragen wie „Warum hast du das gemacht?“ fühlen sich häufig nach einer Schuldzuweisung an, die in Konfliktsituationen unbrauchbar ist.

Kinder informieren bei Nachfragen sehr schnell über das jeweilige ungestillte Bedürfnis und sind mit etwas Geduld und Vertrauen in ihre Kompetenz auch in der Lage, den Konflikt selbst zu lösen. Durch das Erkennen und Benennen des Bedürfnisses hat sich das streitende Kind meistens wieder etwas beruhigt und besinnt sich darauf, das andere Kind darum zu bitten.

 

GFK für Erwachsene und Kinder

Das Konzept der GFK bedarf der Übung ist sicherlich kein Wundermittel für die Kommunikation und die Konfliktlösung. Dennoch fällt es Menschen aller Altersstufen leichter, etwas zu sagen, was stört oder verärgert. Dies geschieht dann auf eine respektvolle Art und Weise, sodass der andere nicht das schlechte Gefühl eines Angriffs oder Vorwurfs bekommt, sondern mit Achtung bedacht wird. Man begegnet sich auf Augenhöhe. Die offene Grundhaltung der GFK kann bildlich als Brücke der Kommunikation betrachtet werden, die letztendlich von beiden Seiten beschritten wird.

Die GFK hilft dabei, eine entspannte Kommunikation und einen wertschätzenden Umgang miteinander zu etablieren. Dabei bleibt es nicht immer friedlich, aber Konflikte können durch das gegenseitige Benennen von Bedürfnissen und Bitten deutlich einfacher gelöst werden. Auch mit Kindern stellt sich dadurch eine Ebene her, die von Verständnis geprägt ist und soziale Fähigkeiten schult. Und aus empathischen Kindern werden später empathische Erwachsene. Toll, oder?

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie gesund!

Ihr Frank Hartung

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