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Gewissen und Bewusstsein

Liebe Leserinnen und Leser!

Ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass Sie schon lange auf einen neuen Blogartikel von mir warten. Heute befreie ich mich von meinem schlechten Gewissen und versorge Sie mit neuem Lesestoff aus der wunderbaren Welt der Mediation. Genauer streifen wir heute interessante Bereiche des menschlichen Daseins, machen einen Abstecher in die Philosophie, legen einen Zwischenstopp in den Neurowissenschaften ein und sind hoffentlich danach etwas schlauer und sensibler.

Was ich Sie eigentlich fragen wollte:

 

Bewusstsein vs. Gewissen Kennen Sie den Unterschied zwischen Bewusstsein und Gewissen?

Bewusstsein und Gewissen sind sich nämlich ähnlich – aber trotzdem nicht dasselbe! Dennoch nutzen wir im Alltag einfach beide Begriffe synonym, während sich in der Philosophie und in den Neurowissenschaften die Geister daran scheiden.

Der Nobelpreisträger und Physiker Francis Crick war der Meinung, dass die Unterscheidung von sich ähnelnden Dimensionen zwar zum notwendigen Wissen gehört, es aber in der Praxis nicht immer funktionieren kann, beide voneinander getrennt zu definieren. Bewusstsein und Gewissen zählen zu den komplexen Konzepten, die trotz Ähnlichkeit verschiedene Unterschiede aufweisen und dennoch nicht separiert betrachtet werden können.

 

Warum überhaupt unterscheiden?

Im Privat- und Berufsleben kommt es häufig zu unklaren Situationen und Missverständnissen, wenn wir uns nicht richtig ausdrücken. In der normalen Kommunikation und sogar in Publikationen wird Bewusstsein mit Gewissen vertauscht oder aber einer der Ausdrücke falsch verwendet.

„Jeder steckt in seinem Bewusstsein wie in seiner Haut und lebt unmittelbar nur in demselben.“ (Arthur Schopenhauer)

Es sind manchmal nur feinste Nuancen, die das Bewusstsein vom Gewissen unterscheiden.

Glauben wir den allgemeinen Definitionen, dann erlaubt uns das Bewusstsein, verschiedene interne sowie externe Reize wahrzunehmen und dadurch Teil unserer eigenen Realität zu sein. Auf der anderen Seite gewährleistet unser Gewissen, uns in einem sozial und moralisch akzeptablen Rahmen oder ethischem Fahrplan zu bewegen. Klingt eigentlich ganz verständlich und nachvollziehbar, oder? Was ist aber, wenn jemand zu uns sagt, dass er sich seines Verhaltens bewusst ist. Bezieht er sich dann auf die Wahrnehmung, den moralischen Aspekt oder vielleicht sogar auf beides? Hat er dieses oder jenes vielleicht sogar „extra“ gemacht? Schon mit diesen Fragen bewegen wir uns auf einer subjektiven Ebene. Die Wirkung der Botschaft hängt davon auf, was der eine mit dem Gesagten ausdrücken möchte und der andere unter Gewissen und Bewusstsein versteht.

Wenn es in den Augen des anderen nämlich moralisch gar nicht so vertretbar ist, was der eine ganz bewusst gemacht und gesagt hat, dann befinden wir uns schon ganz nahe am Konflikt

 

Jedem sein Gewissen

Nach dem Philosophen und Mathematiker Blaise Pascal ist das Gewissen „das beste Buch der Moral“, das wir haben. Mit dieser Aussage lag er nicht ganz falsch, weil er sich auf die Fähigkeit des Menschen der Einschätzung bezieht, welche Situationen, Gedanken, Handlungen und Worte richtig oder eben falsch sind. Wir greifen automatisch auf unsere ethischen und moralischen Wertvorstellungen zurück.

Das Gewissen hat nichts mit Wahrnehmung oder Aufmerksamkeit zu tun. Dennoch kann sich auch das Gewissen von Mensch zu Mensch unterscheiden. Wenn wir von einem Menschen sprechen, der über ein Gewissen verfügt, bewerten wir diesen grundsätzlich positiv und empathisch. Dennoch müssen wir Menschen ein individuelles Gewissen zugestehen. Was der eine als moralisch vertretbar erachtet, verursacht beim anderen vielleicht schon das berühmte „schlechte Gewissen“. Während uns ein gutes Gewissen positiv in unserer Haltung bestärkt, haben wir unter einem schlechten Gewissen richtig zu leiden und „zu knabbern“.

Ausgesprochene Gewissensmenschen versuchen demnach stets, nach den Grundregeln des sozialen Miteinanders und gegenseitigen Respekts zu handeln und zu leben. Welche das aber sind, definiert wieder jeder für sich selbst. Übrigens vermuten viele von uns auch, dass Tiere wegen verschiedener sozialer und moralischer Verhaltensweisen über ein Gewissen verfügen müssen, obwohl das Verhalten eher menschlichen Tugenden ähnelt. So muss wohl der Begriff der Vermenschlichung entstanden sein.

 

Hallo Bewusstsein!

Das Bewusstsein ist viel mehr, als nur der wache Zustand mit offenen Augen, in dem wir uns als ein Bestandteil der Realität um uns herum fühlen. Unser Bewusstsein ist subjektiv zu betrachten, hat aber eher wenig mit Moral oder Ethik zu tun. Das Bewusstsein ist ein individueller Gedankenprozess, bei dem wir uns selbst eine innere Realität hervorrufen.

Da das Bewusstsein mit dem Denken verknüpft ist, unterliegt es ständigem Wandel. Kontinuierlich werden neue Informationen verarbeitet und neue Reize integriert. Der amerikanische Neurowissenschaftler und Bewusstseins-Experte Christof Koch beschreibt den wichtigsten Unterschied zwischen dem Bewusstsein und dem Gewissen damit, dass das Bewusstsein noch immer zu den größten Rätseln der Menschheit gehört. Das Gewissen ist hingegen mit dem Verantwortungsgefühl, den Wertvorstellungen und dem individuellen Wissen um sich selbst und seine Handlungen verbunden. Außerdem wird uns das Gewissen in gewisser Weise „gelehrt“. Wir lernen zum Beispiel schon von unseren Eltern, was sich gehört oder eben nicht. Wir erfahren schon in Kindertagen den Unterschied zwischen gut und böse. Im Laufe der Zeit füllen wir damit unser Gewissen und greifen bei Entscheidungen mal mehr und mal weniger darauf zurück.

In der Neurowissenschaft werden zwei Bewusstseins-Arten definiert: Das primäre Bewusstsein stützt sich auf unsere Erinnerungen, Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken, Träume und Wünsche. Es erlaubt uns, unsere Individualität zu definieren. Mit dem reflektierenden Bewusstsein beobachten wir unseren eigenen Geist. Wir betrachten, was wir sind, wissen und was in unserem Inneren geschieht.

 

Bewusstes Fazit mit ruhigem Gewissen

Bewusstsein und Gewissen sind also zwei ähnliche, aber in feinen Nuancen unterschiedliche Konzepte des menschlichen Daseins. Sie sind beides Produkte des Geistes und konnten deshalb bis heute nicht gänzlich wissenschaftlich erforscht werden.

Das Gewissen wird durch unsere moralischen Lehren, Stärken und Vorstellungen geprägt. Dank unseres Gewissens entscheiden wir manchmal vorsichtiger, sensibler und überschreiten weniger Grenzen.

In unserem Bewusstsein landet hingegen alles, was wir gedanklich irgendwie verarbeiten möchten oder müssen. Im Gegensatz zum Gewissen kennt unser Bewusstsein keine moralischen Grenzen, sondern bedient sich aller nur möglicher Denkweisen zur Entscheidungsfindung. Wir sind also in der Lage, ganz bewusst eine Handlung vorzunehmen, obwohl unser Gewissen mit erhobenem Zeigefinger davon abraten würde.  

Auf der anderen Seite sind Bewusstsein und Gewissen genau das, was einen Menschen „menschlich“ macht. Alle Informationen und alles, was uns in irgendeiner Weise bewegt durchläuft sowohl Bewusstsein als auch Gewissen und trägt zu unserer Denkweise sowie unseren Handlungen bei.

Vielleicht sollten wir im nächsten Gespräch mit Konfliktpotenzial lieber noch einmal nachfragen, wie etwas gemeint wurde und dann entscheiden, ob Sie das Gesagte in eine bewusste oder eher gewissenhafte Äußerung eingliedern.

 

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie zuversichtlich!

Ihr Frank Hartung

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