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8 Minuten Lesezeit (1665 Worte)

Schweigen ist Silber – Reden ist Gold!

Liebe Leserinnen und Leser!

Ist Ihnen aufgefallen, dass ich in der Überschrift eine bekannte Redewendung verändert habe? Das habe ich ganz bewusst getan, um Ihnen und allen Ihren Lieben das miteinander Reden ans Herz zu legen. Ich bin der Meinung, dass wir zu wenig miteinander reden – in Partnerschaften, Freundschaften, mit den Kindern oder auch den Arbeitskollegen. Dabei kann ein gutes Gespräch so viel bewirken und ganz nebenbei Konflikte beseitigen, Frust vorbeugen und sogar Trennungen vermeiden. Ja, Sie haben richtig gelesen: ich bin davon überzeugt, dass Trennungen und Scheidungen durch gute Gespräche vermieden werden können!

 

Wer nicht miteinander redet, der schadet seiner Beziehung. Fehlende oder schlechte Kommunikation zählt zu den häufigsten Gründen für eine Trennung. Niemand sollte es so weit kommen lassen. Bitte werden Sie hellhörig, wenn Sie das Gefühl bekommen, dass etwas schief läuft!

 

Schweigen kann zerstören

Natürlich bringt es der Alltag mit sich, dass sich Paare zu einem Großteil über Belangloses austauschen. Schließlich redet man nicht rund um die Uhr über tiefe Gefühle. Wenn aber gehaltvollere Gespräche ganz ausbleiben oder gar nicht mehr geredet wird, dann läuft etwas entschieden falsch.

Sich „ganz ohne Worte zu verstehen“ vermag ein romantisches Bild von einer wundervollen Partnerschaft zeichnen; birgt jedoch auch Gefahren. In einer guten Beziehung tauschen sich beide Partner auch über wichtige Dinge aus. Sie sprechen über Gefühle, Meinungen, Ansichten, Wünsche und Ziele. Auch wenn jeder Mensch etwas Zeit für sich selbst benötigt, sollte in Partnerschaften darauf geachtet werden, dass einvernehmliches Schweigen nicht zur Gefühlskälte und zum Desinteresse ausartet. Durch anhaltendes Schweigen verlieren Partner das Interesse am anderen und bauen eine Distanz auf, die nur schwer rückgängig zu machen ist.

Reden ist notwendig, um dem Partner zu zeigen, wie wichtig er ist und dass man sich für ihn interessiert. Nur im Gespräch erhält man einen Einblick in die Gedanken, Gefühle und Probleme des jeweils anderen. Man kann zwar von sich behaupten, den anderen bis in das kleinste Detail zu kennen, aber auch diese Ansicht kann trügerisch sein: Wir alle entwickeln uns ständig weiter! Und durch Gespräche haben Sie die Möglichkeit, Ihren Partner ganz neu zu entdecken.

Also fragen Sie ruhig täglich, wie der Tag Ihres Partners war. Führen Sie Rituale wie beispielsweise die gemeinsame Tasse Kaffee nach dem Mittagessen ein oder pflegen ein gemeinsames Hobby. Dann haben Sie oft schon genug Material, über das Sie sich austauschen können. Durch Gespräche und gemeinsames Lachen bleiben Sie Ihrem Partner nah.

 

Im Streit ist Reden noch wichtiger

Wenn Sie im ruhigen Alltag viel miteinander reden, dann ist das schon super. Noch wichtiger ist Reden aber, wenn ein Konflikt auftaucht. Viele Paare verzichten im Streit ganz auf Kommunikation. Da wird das Schweigen sogar als „Bestrafung“ für den anderen genutzt. „Ich rede nicht mehr mit dir!“ kennen wir eigentlich nur aus dem Kindergarten … und machen es trotzdem immer wieder, wenn wir „eingeschnappt“ sind.

Kommunikationsprobleme zwischen Paaren haben ihre Wurzel oft in den unterschiedlichen „Sprachen“. Denn manchmal reden wir schlicht aneinander vorbei. Wir müssen die Sprache unseres Partners lernen und verstehen. Paartherapeuten sind der Meinung, dass es sogar fünf Sprachen der Liebe gibt, mit denen man seinem Partner seine Gefühle zeigt:

  • Lob & Anerkennung
  • Zweisamkeit & Zeit
  • Geschenke & Überraschungen
  • Hilfsbereitschaft & Unterstützung
  • Zärtlichkeit & Berührungen

Und jeder Mensch bevorzugt eine oder mehrere dieser Sprachen, die der andere vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat. Betrachtet man Konflikte innerhalb von Paarbeziehungen danach, wer in diesem Fall welche Sprache genutzt hat, gibt es recht häufig schon Aha-Effekte.

Ein Beispiel: Während die Frau sich beschwert, dass ihr Mann zu wenig Zeit für sie hat (Zweisamkeit & Zeit), kümmert sich der Mann um Haus, Garten und Kinder (Hilfsbereitschaft & Unterstützung), um seine Frau zu entlasten. Beide haben verschiedene Sprachen genutzt und befinden sich deshalb mitten im Konflikt. Es kann sich also durchaus lohnen, die Sprache des anderen zu lernen.

 

Mauern hat einen neuen Namen: Stonewalling

Fragt man Menschen, was sie sich innerhalb einer Beziehung wünschen, dann steht eine gute Kommunikation ganz weit oben auf der Wunschliste. Niemand möchte sich streiten und zanken, was aber manchmal einfach dazu gehört. Aus einem Streitgespräch wird nicht selten eine hitzige Diskussion, die eine Konfliktpartei dazu veranlassen könnte, Reißaus zu nehmen. Es werden Türen geknallt, Diskussionen beendet – aber keine Probleme gelöst.

Wenn sich jemand in einer Beziehung aus Angst oder Unlust am Streit allen Gesprächen entzieht, wird dies häufig mit „mauern“ oder eine „Mauer um sich ziehen“ bezeichnet. Neben Ghosting, Breadcrumbing und den vielen anderen Modeerscheinungen aus der modern-digitalen Beziehungswelt hat auch das Mauern jetzt einen neuen Namen: Stonewalling!

Und auch wenn die Bezeichnung neu erscheint, kennen viele von uns das Problem schon ewig. Menschen bauen eine Mauer auf, die jeden Austausch unmöglich erscheinen lässt. Man spricht nicht mehr miteinander. Gespräche laufen ins Leere. Die mauernde Person verschließt sich ganz bewusst und lässt keine Gespräche und damit auch keine Problemlösung zu. Auch körperlich gibt die Person das Stonewalling deutlich zu verstehen: sie schaltet bei Ansprache einfach ab, wendet sich ab, geht raus oder tut so, als sei sie schwer beschäftigt. Notfalls werden brennende Kopfschmerzen oder Migräne vorgeschoben, um Gesprächen zu entgehen. Mauerexperten haben sogar noch mehr ablenkende Verhaltensweisen entwickelt, die den innerlichen Rückzug nachhaltig dokumentieren sollen.

Das Mauern wird von vielen Beziehungsexperten als „Anfang vom Ende“ gewertet. Wenn kein Gespräch mehr möglich ist, entspricht es auch der Logik, dass keine Problemlösung erfolgen kann. Mauern gilt als Reaktion auf das Gefühl einer Überforderung und als richtig schlechte Möglichkeit der Konfliktbewältigung. Durch Mauern wird eine Konfliktsituation vorerst beendet, aber man kann dem eigentlichen Problem jedoch nur für eine kurze Zeit entfliehen. Eine Lösung des Konflikts sieht anders aus!

Wenn jemand in einem Streitgespräch kein anderes Verhalten kennt, als die Kommunikation ganz abzubrechen, so ist das für den jeweils anderen frustrierend und unfair. Dies, zumal man bekanntlich niemanden zum Reden zwingen kann. Derjenige, der dann hilflos vor der Mauer steht, fühlt sich unweigerlich vom anderen im Stich gelassen. Und dies, sind wir mal ehrlich, hat einfach keinen Platz in einer Partnerschaft.

 

Konsequenzen des Schweigens

Wer nicht mehr miteinander redet, der profitiert auch nicht von einer Klärung belastender Situationen. Wer mit Schweigen bestraft wird, fühlt sich vom anderen nicht mehr ernst genommen oder wertgeschätzt. Frei nach dem Motto „du bist es nicht wert, dass ich mich jetzt damit auseinander setze“ verlieren Menschen so langsam den Glauben an die Beziehung.

Schweigen sich Partner dauerhaft an, dann erhält die Beziehung auch keine Möglichkeit mehr, sich zu entwickeln und zu wachsen. Die Folge dieser Stagnation ist, dass Probleme gar nicht mehr angesprochen werden, weil eine Klärung ja sowieso nicht erfolgt. Zusätzlich sorgen Missverständnisse für noch mehr Frust und Aufruhr. Letztendlich sollte spätestens jetzt jeder erkennen, dass diese Kommunikationsqualität keine ist, die in die richtige Richtung führt. So geht es nur rückwärts!

 

Kommunikationsprobleme betreffen alle

Probleme mit der Kommunikation betreffen natürlich nicht nur den zwischenmenschlichen Bereich zwischen Paaren oder anderen Herzensmenschen. Wenn Sie am Abend die Nachrichten verfolgen, dann sehen Sie in der Regel besonders lehrreiche Beispiele, wie es nicht geht, in der Politik. Politiker entziehen sich der Gespräche mit Koalitionspartnern, wie es auch Donald Trump es besonders gerne getan hat. Oder auch am Arbeitsplatz können Sie auf mauernde Vorgesetzte und Kollegen treffen, die einfach stur sind und nicht mit Ihnen reden wollen. Hier ist die Grenze zum Mobbing nicht weit.

 

Entscheidend: wann und wie reden? - Guter Zeitpunkt/ schlechter Zeitpunkt.

RedenWenn Sie etwas Wichtiges besprechen möchten, dann machen Sie sich doch bitte einmal Gedanken über den richtigen Zeitpunkt des Gesprächs. Wenn beispielsweise jemand von einem langen Arbeitstag nach Hause kommt und Sie werfen ihm direkt Vorwürfe „um die Ohren“, dann dürfte es mit der gewünschten Konfliktlösung schwierig werden. Fallen Sie besser nicht mit der Tür ins Haus, sondern lassen Sie Ihr Gegenüber erst einmal ankommen und durchatmen.

Auch kurz vor dem Einschlafen ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Grundsatzdiskussionen. Wenn sich ihr Gegenüber schon fast im Traumland befindet und Sie noch dringenden Klärungsbedarf haben, könnte der Versuch eines Gesprächs entschieden nach hinten losgehen. Besser ist es, wenn Sie ein waches und weniger übellauniges Gegenüber vor sich haben, dass ihren Gedanken folgen kann.

Achten Sie also auf einen Zeitpunkt der friedlichen Entspannung und nutzen im Idealfall einen Spaziergang oder anderweitig neutralen Boden, um ein gutes und produktives Gespräch führen zu können. Hier kann es durchaus auf die Atmosphäre ankommen.

Wie Sie in den Wald rufen …

… so schallt es auch wieder heraus! Auch dieses Sprichwort hat seine Daseinsberechtigung. Möchten Sie wichtige Dinge ansprechen, dann sollten sie diese auch klar ausdrücken und nicht mit Vorwürfen oder Beschimpfungen beginnen.

Auch sollten Sie Ihrem Gegenüber etwas Zeit geben, über das Gesagte nachzudenken. Erwarten Sie nicht immer sofort eine Antwort! Sie könnten Ihren Gesprächspartner damit überfordern. Es ist sogar gut, wenn jemand ein Gespräch erst einmal „sacken lassen“ muss. Insbesondere dann, wenn Kritik geäußert wurde, hilft eine Innenschau und die Ansicht verschiedener Perspektiven. Wenn Sie es mit einem Menschen zu tun haben, der schnell und häufig Mauern errichtet, hat Zeit eine andere Bedeutung. Nicht immer handelt es sich nämlich um psychische Katastrophen, sondern auch um besonders empfindsame Gemüter, die mit schwierigen Situationen vielleicht nicht so gut umgehen können.

Probleme tot zu schweigen oder sie zu ignorieren bringt niemanden weiter. Ganz im Gegenteil wird das Fass immer voller, sodass irgendwann der kleinste Kritikpunkt alles zum Überlaufen bringt. Eine Aussprache sollte also als Chance betrachtet werden, die Verbundenheit zu erneuern oder wieder herzustellen. Wer gemeinsam schwierige Situationen gemeistert hat, der verleiht seiner Beziehung mehr Stabilität und Stärke.

Gibt es aber keine dauerhafte Veränderung im Kommunikationsverhalten oder zeigt das Mauern an, dass man es mit einem Narzissten zu tun hat, hilft oft nur noch die Trennung. Nicht jeder, der sich hinter einer Mauer versteckt, ist narzisstisch veranlagt. Aber nahezu alle Narzissten bedienen sich des Stonewallings. Sprechen Sie dies möglichst frühzeitig an, damit sich diese kommunikative Unart nicht etabliert.

Und bedenken Sie: Wer Konflikte und Gespräche kontinuierlich meidet, der setzt seine Beziehung vorsätzlich aufs Spiel! Fragen Sie sich, ob es Ihnen das wert ist.

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie kommunikativ!

Ihr Frank Hartung

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